UPdate 06. März 2014 / Arthrose & Hagebutte / Heilung für den Hund / BARF
Arthrose & Hagebutte / Heilung für den Hund
Arthrose
Hagebutte auf dem Prüfstand
Von Jens Bielenberg
Das Spektrum der Therapieansätze zur Linderung arthrosebedinger Symptome konnte um standardisiertes Hagebuttenpulver erweitert werden. Als aktive Inhaltsstoffe konnten Galaktolipide identifiziert werden, die im Fokus neuerer Untersuchungen stehen und interessante wissenschaftliche Perspektiven eröffnen.
Arthrose ist die weltweit häufigste Gelenkerkrankung und die häufigste Ursache körperlicher Behinderungen. Die Knorpelalterung, und damit auch der vermehrte Verschleiß beginnen üblicherweise schon im frühen Erwachsenenalter und betreffen überwiegend die Gelenke von Hüfte, Knie, Wirbelsäule und Händen. Der Knorpel wird immer rauer, verliert seine Funktion als Stoßdämpfer und Gleitschicht, es kommt zu Steifigkeit und Schmerzen in den Gelenken. Diese degenerative Schädigung bildet sich nicht mehr zurück. Die Chronizität der Knorpeldegeneration verlangt eine dauerhafte medikamentöse Behandlung. Zur Linderung der schmerzhaften Beschwerden werden nicht steroidale Antirheumatika und Cyclooxygenase-Hemmer eingesetzt. Der jüngste Neuzugang ist hier der selektive COX-2-Hemmer Lumiracoxib, der im Januar zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit aktivierter Arthrose am Knie- oder Hüftgelenk zugelassen wurde.
Untersuchungen haben neuerdings gezeigt, dass das standardisierte Pulver aus Samen und Schale der Hagebuttenfrüchte bestimmte Funktionen der Leukozyten, die bei der Arthrose zu Entzündungen und Gewebeschädigungen führen können, normalisieren kann. Ferner weisen die Daten darauf hin, dass das Pulver antioxidativ und membranstabilisierend wirkt und dadurch den Aufbau und den Zerfall des Knorpelgewebes beeinflusst.
Aktiver Inhaltsstoff identifiziert
Kürzlich ist es drei Forschungseinrichtungen in Dänemark gelungen, den aktiven Inhaltsstoff zu identifizieren und mittels eines komplizierten Fraktionierungsverfahrens zu isolieren. Es handelt sich um ein aus einem Zuckeranteil und Fettsäuren bestehendes Galaktolipid.
Die Substanz hemmte in vitro die Migration polymorphkerniger Leukozyten (J. Nat. Prod. 66, 2003, 994-995) und senkte in vivo die Serumkonzentrationen von C-reaktivem Protein (JAMA Online Publikation vom 12. September 2006). In einer Studie mit standardisiertem Hagebuttenpulver senkte das Galaktolipid den Wert des C-reaktiven Proteins bereits nach zehn Tagen um durchschnittlich 39 Prozent (Inflammopharmacology 7, 1999, 377-386).
Zudem wird der Substanz ein antioxidativer Effekt zugeschrieben: Sie verhindert die Bildung toxischer freier Radikale und wirkt dadurch membranstabilisierend. Als Beleg für diese Eigenschaft wird angeführt, dass in Blutbanken gelagerte Erythrozyten von Personen, die Hagebuttenpulver eingenommen hatten, weniger Hämoglobin als erwartet abgaben.
Das Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie in Potsdam untersuchte die Funktion von Galaktolipiden bei Pflanzen und entdeckte, dass in den Membransystemen von Chloroplasten besondere Lipidformen auftreten, bei denen Galaktose im Lipidmolekül eingebaut ist. Galaktolipide sind für die Funktionalität der pflanzlichen Photosynthese essenziell. Die Phospholipide, die unter Normalbedingungen die Membranlipide ausmachen, werden vom pflanzlichen Stoffwechsel unter Freisetzung von Phosphat in Galaktolipide umgewandelt. Interessant ist, dass bestimmte Galaktolipide (Digalactosylacylglycerol) dosisabhängig die Aktivität der Phospholipase A2 aus Escherichia coli zu 60 bis 70 Prozent hemmen können. Dieser Effekt ist abhängig von der Ladung beziehungsweise Polarität des Kopfes des Moleküls sowie vom Anteil der ungesättigten Fettsäure in der Seitenkette (Biochem. J. 15, 1996, 93-99).
Ein italienisches Forscherteam untersuchte verschiedene Galaktolipide (Monogalaktosyldiacylglycerol, Digalaktosyldiacylglycerol und Sulphoquinovosyldiacylglycerol) auf ihre in vivo entzündungshemmenden Eigenschaften und fand beim Crotonöl-induzierten Ohrödem der Maus dosisabhängig eine stärker entzündungshemmende Wirkung als von Bethametason. Beim Carragenin-induzierten Pfotenödem der Maus zeigte Monogalaktosyldiacylglycerol sogar eine stärker entzündungshemmende Wirkung als Indomethacin (Eur. J. Pharmacol. 524, 2005, 159-168).
Die Effekte von standardisiertem Hagebuttenpulver scheint nicht auf einer Hemmung der Cyclooxygenase zu beruhen; die Thrombozytenaggregation wird durch hohe Dosen Hagebuttenpulver nicht beeinflusst (Inflammopharmacology 7, 1999, 63-68).
Besserung der Gelenkschmerzen
Die Wirksamkeit von Hagebuttenpulver belegen zwei randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien, die kürzlich auf dem Arthrose-Weltkongress (OARSI) vorgestellt wurden.
Rein und Mitarbeiter vom Institute for Clinical Research, Kolding, Dänemark, untersuchten 112 Probanden mit Osteoarthritis (Phytomedicine 11, 2004, 383-389). Sie erhielten entweder drei Monate lang täglich 5 g standardisiertes Hagebuttenpulver oder Placebo. Nach der dreimonatigen Behandlung wurde das Therapieregime getauscht (Cross-over-Studie). Eingang in die Studienbewertung fanden die Parameter Gelenkschmerzen, Morgensteifigkeit und allgemeines Wohlbefinden. Die Verumgruppe zeigte verglichen mit Placebo hinsichtlich der Gelenkschmerzen und Steifigkeit eine signifikante Besserung. Ein ähnlich deutliches Resultat ergab sich beim allgemeinen Wohlbefinden. Zudem konnte in der Verumgruppe der Gebrauch von zusätzlichen Schmerzmitteln wie Tramadol, Opioiden, Paracetamol und Acetylsalicylsäure um 44 Prozent gesenkt werden.
In einer weiteren Studie untersuchten Warholm und Mitarbeiter die Wirkung von standardisiertem Hagebuttenpulver auf die Beweglichkeit von Hüft- und Kniegelenk, die Aktivitäten des täglichen Lebens sowie die Lebensqualität und Schmerzen bei Osteoarthritis-Patienten (Current Therapeutic Research 64, 2003, 21-31). Die Hälfte der 100 Probanden erhielt vier Monate lang zweimal täglich 2,5 g standardisiertes Hagebuttenpulver. Zu Beginn und Ende der Untersuchung wurde die Beweglichkeit des Hüftgelenks und des Knies gemessen. Verglichen mit Placebo verbesserte das Hagebuttenpulver die Beweglichkeit des Hüftgelenks signifikant. Auch der Schmerz nahm in der Verumgruppe signifikant ab. In der gesamten Studienpopulation berichteten letztendlich 64,6 Prozent der Probanden über eine Reduzierung der Schmerzen während der Einnahme des Pulvers. Auffallend war der laut Probandenberichten weit über die Studiendauer hinaus anhaltende Langzeiteffekt (Carry-over-Effekt).
Senkung von CRP und LDL-Cholesterol
Aus dieser Studienpopulation analysierten die Forscher die Wirkung von Hagebuttenpulver im Vergleich zu Placebo an insgesamt 32 Patienten mit Arthrose der Handgelenke. Diese Form der Arthrose ist für die Betroffenen besonders unangenehm und behindernd. 88 Prozent der Patienten, die initial drei Monate lang Hagebuttenpulver erhalten hatten, berichteten über eine deutliche Schmerzsenkung bei der Durchführung häufiger Alltags-Handgriffe. In der Placebogruppe waren es nur 36 Prozent.
In einer weiteren Subgruppenanalyse gelang es, den Beweis zu erbringen, dass Hagebuttenpulver nicht nur den erhöhten Entzündungsparameter CRP senkt, sondern auch das LDL-Cholesterol, das sich in den Gefäßen ablagert und zur Arteriosklerose führt. Ob jedoch mit Hagebuttenpulver ein wirksamer Gefäßschutz erzielt werden kann und ein erhöhter Blutdruck gesenkt werden kann, ist noch zu klären.
Fazit
Standardisiertes Hagebuttenpulver ist ein gut untersuchtes Nahrungsergänzungsmittel für Patienten mit schmerzhafter Gelenkarthrose. Hagebuttenpulver hemmt Botenstoffe der Entzündung an verschiedenen Stellen innerhalb des Entzündungsprozesses. Zwei randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien belegen eine bessere Beweglichkeit der arthrosebetroffenenen Gelenke. Die längerfristige Einnahme von Hagebuttenpulver kann den Konsum an klassischen Schmerzmitteln reduzieren.
Hagebutte
Rosa canina L. (Rosa carmata, R. caucasica, R. frondosa, R. glauca, R. lutetiana, R. taurica), die Gemeine Heckenrose, Familie Rosacea, ist ein 1 bis 5 m hoher Strauch mit bogig überhängenden Zweigen, der an Waldrändern, Hecken und Steinhaufen in Europa, Nordafrika, Klein-, Nord- und Westasien sowie Nordamerika verwildert vorkommt.
Der rote Anteil der Hagebutten ist der fleischig gewordene Fruchtboden. Schneidet man die Hagebutte auf, findet man darin die Kerne, Semen cynosbati, die als Haustee mit mild diuretischem Effekt Anwendung finden.Unter den einheimischen Früchten hat die Hagebutte mit circa 500 mg/100 g den höchsten Ascorbinsäuregehalt. Ihr Mark hat 20-mal mehr Vitamin C als Zitronen. Ihre Früchte sind reif an Provitamin A und B-Vitaminen. Ferner enthalten sie viele Mineralstoffe sowie die Spurenelemente Kupfer und Zink.Vom Strauch in den Mund können Hagebutten nicht verzehrt werden. Sie werden jedoch getrocknet oder in Form von Suppen, Likören, Gelee oder Marmelade oder als Früchtetee angeboten.