Ein treffendes Zitat von Else Spiegel (1908-2006)
Zucht ….. ist für mich immer wieder von neuem ein aufregendes Abenteuer;
das Studium der Ahnentafeln; die Verfolgung der Erbgänge; der Entschluss zur Paarung,
begleitet von einem Schuss Intuition und nicht zuletzt das Wissen
um das Quäntchen des letzten Endes
„Unberechenbaren“.
60 Jahre Windhundzuchtstätte „VON DER IRMINSUL“
Zucht:
Das Wort entspricht dem mittelhochdeutschen zühter (althochdeutsch zuhtari) und bedeutet ursprünglich Lehrer oder Erzieher. Diese Bedeutung ist teilweise noch im heutigen Wort züchtig (anständig) enthalten.
Als Zucht wird in der Biologie die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel der genetischen Umformung bezeichnet. Dabei sollen gewünschte Eigenschaften verstärkt und ungewünschte Eigenschaften unterdrückt werden. Um die Ziele zu erreichen, wird durch den Züchter oder die Züchterin zum Beispiel nach einer Leistungsprüfung eine Zuchtwertschätzung durchgeführt, um dann gezielt Individuen mit gewünschten Eigenschaften durch Selektion zu wählen und miteinander zu kreuzen oder zu verpaaren. Es können auch auf künstlichem Weg Mutationen ausgelöst oder Organismen gentechnisch modifiziert werden. Neue Pflanzensorten oder Tierrassen werden als Neuzüchtungen bezeichnet, diese unterliegen gesetzlichen Bestimmungen.
Herkömmliche Zuchtverfahren der Kreuzung und Paarung sind in ihren Möglichkeiten der Genkombination begrenzt, da insbesondere bei Tieren eine fruchtbare Fortpflanzung unter artfremden Individuen stark eingeschränkt ist (Maultier). Um diese artspezifische Begrenzung zu überwinden wird die Gentechnik eingesetzt, deren Verfahren kontrovers diskutiert werden.
Kleintierzucht:
Daneben sind Hobbyzüchter (auch Kleintierzüchter), die sich vor allem Hunden, Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen, Reptilien, Fischen sowie einer Reihe von Vogelarten, zum Beispiel Hühnern, Tauben (Taubenzucht), Sittiche, Sing- und Greifvögel, widmen. Auswüchse hier sind so genannte Qualzuchten, das heißt die Förderung von Merkmalen, die zu Lasten der Gesundheit der Individuen gehen, um in den häufigsten Fällen das optische Erscheinungsbild markanter zu gestalten.
Vornehmlich in den Zoologischen Gärten werden Arten gezüchtet, die vom Aussterben bedroht sind. Dazu zählen insbesondere exotische Arten.
Allgemeines zur Tierzucht:
Grundsätzlich … lassen sich vier Arten von Zuchtstrategien bei Nutztieren feststellen:
Reinzucht:
Bei der Reinzucht werden Tiere derselben Rasse miteinander verpaart. Die Rasse stellt eine so genannte Reinzuchtpopulation dar. Ausnahmsweise werden in solche Reinzuchtpopulationen auch Tiere anderer Rassen eingekreuzt (sogenannte Veredelungskreuzung), insbesondere Tiere der Rassen, von denen die Zucht ausging (veraltet:[2] Blutauffrischung[3]). Der Rassestandard wird durch Selektion innerhalb der Rasse erreicht.
Verdrängungskreuzung:
Bei der Verdrängungskreuzung werden in eine Rasse immer wieder Tiere einer zweiten Rasse eingekreuzt, sodass ein Merkmal der zweiten Rasse dem Genpool der Anfangspopulation hinzugefügt wird. Das Ergebnis einer Verdrängungskreuzung ist eine neue Reinzuchtpopulation mit einem neuen Merkmal.
Rotationskreuzung:
Bei der Rotationskreuzung wird nach einem festen System nacheinander eine Anzahl von Reinzucht-Rassen miteinander gepaart – und meist die weiblichen Nachkommen nach Selektion wieder zur Zucht verwendet. Dabei werden üblicherweise Zwei- und Drei-Rassen-Rotationskreuzungen durchgeführt. Das bedeutet, falls die drei Rassen A, B, C verwendet werden (Drei-Rassen-Rotationskreuzung): Tiere der Rasse A werden mit Tieren der Rasse B gekreuzt, die Kreuzungsnachkommen AxB mit der Rasse C. Die Nachkommen dieser Drei-Rassen-Kreuzung (AxB)xC werden wieder mit Tieren der Rasse A gekreuzt und so weiter. Durch die Kreuzung kommt es zu Heterosis-Effekten, wodurch die Produkte einer Rotationskreuzung bessere Gebrauchseigenschaften aufweisen als die Ausgangstiere. Auch bei der Rotationskreuzung findet die Selektion nach Eigenschaften in den Reinzuchtrassen und durch die Auswahl der geeigneten Kreuzungsrassen statt. Weiterhin werden die Tiere, die zur Rotationskreuzung weiter verwendet werden, ebenfalls selektiert. Die Rotationskreuzung wird nur sehr selten angewandt, hat aber insbesondere in der Rinderhaltung Bedeutung.
Gebrauchskreuzung:
Bei der Gebrauchskreuzung werden gezielt Tiere verschiedener Reinzucht-Rassen miteinander gekreuzt. Man kennt hierbei ebenso verschiedene Formen, z. B. Zwei-Rassen-Kreuzung, Drei-Rassen-Kreuzung, Vier-Rassen-Kreuzung. Entscheidend ist hierbei, dass mit dem Endkreuzungsprodukt nicht mehr weiter gezüchtet wird, sondern nur genutzt wird, z. B. zur Milch- oder Fleischerzeugung. Durch die Kreuzung kommt es zu Heterosis-Effekten, wodurch die Produkte einer Gebrauchskreuzung bessere Gebrauchseigenschaften aufweisen als die Ausgangstiere. Allerdings ist der Heterosis-Effekt größer als bei einer Rotationskreuzung.
Die Selektion nach Eigenschaften findet bei Gebrauchskreuzungen in den Reinzuchtpopulationen und durch die Auswahl der geeigneten Kreuzungsrassen statt.
Eine Sonderform der Gebrauchskreuzung ist die Hybridzucht. Bei der Hybridzucht werden reine Linien erstellt, die in vielen Fällen stark ingezüchtet sind. Diese reinen Linien werden miteinander gekreuzt. Durch die starke Auslese bei der Zucht der Linien lassen sich die Heterosis-Effekte bei der Kreuzung wesentlich besser voraussagen bzw. vergrößern.
Streng genommen ist die Gebrauchskreuzung keine züchterische Bearbeitung eines Nutztieres, weil mit dem Produkt der Gebrauchskreuzung nicht mehr weiter gezüchtet wird.
Werden die Kreuzungstiere aber untereinander angepaart, splittet sich die nächste Generation in ihren Eigenschaften wieder nach den mendelschen Regeln auf. Werden die Eigenschaften der Hybriden durch Kreuzung untereinander stabilisiert, spricht man auch von der Erschaffung einer neuen Rasse.
Beispiele für die Zuchtmethoden:
Es gibt verschiedene Zuchtmethoden, zum Beispiel Auskreuzung, Auswahlzucht, Inzucht, Linienzucht. Die meisten Nutzrassen werden in Reinzucht gehalten. Beispiele der Reinzucht bei Tieren ist das Englische Vollblut und der Vollblutaraber, die keinerlei weitere Einkreuzungen dulden. Die meisten anderen Rassen erlauben ausnahmsweise Einkreuzungen von fremden Rassen zur Verbesserung von Eigenschaften, z. B. Fleckvieh von Red-Holstein. Der Übergang von der Veredelungskreuzung zur Verdrängungskreuzung kann fließend sein (z. B. Entstehung der deutschen Holstein-Population).
Die Gebrauchskreuzung findet Verwendung bei allen Nutztieren, um qualitativ hochwertige Tiere zu erzeugen. In der Rinderzucht werden die Reinzuchtpopulationen von den einzelnen Züchtern gehalten und bei Bedarf mit anderen Rassen gekreuzt. Dies ist insbesondere in der Milchkuhhaltung (z. B. Braunvieh, Jersey-Rind) bzw. in der Mutterkuhhaltung zur Erzeugung von mastfähigen Tieren der Fall. Auch in der Schweinezucht sind Gebrauchskreuzungen üblich. Hierbei werden oftmals die Rassen Pietrain als Vater (gute Mastleistung) und Deutsche Landrasse als Mutter (gute Fruchtbarkeit, Muttereigenschaften) eingesetzt. Die aus dieser Paarung entstehenden Ferkel (Kreuzungsferkel, ab und zu auch als Hybridferkel bezeichnet) werden nur zur Mast genutzt.
Die Gebrauchskreuzung in der speziellen Ausgestaltung der Hybridzucht findet im Wesentlichen in der Schweinezucht und Geflügelzucht Anwendung. Dabei werden reine Linien als Basispopulationen gezüchtet (ähnlich der Reinzucht) und sehr stark selektiert. Zur Erzeugung der Nutztiere werden die verschiedenen Basispopulationen miteinander gekreuzt. Die Basispopulationen etwa in der Schweinezucht werden von Zuchtunternehmen gehalten (Basiszuchtbetriebe, zum Beispiel JSR Hybrid Hirschmann, Schaumann, PIC, BHZP, SZV (Schweinezuchtverband Baden-Württemberg). Die Tiere aus der Kreuzung zweier Basispopulationen aber auch Tiere der Basispopulation selbst werden z. B. an „Vermehrungszuchtbetriebe“ verkauft.
Die Vermehrungszuchtbetriebe erzeugen Jungsauen für die Ferkelerzeuger. Die Mastferkel werden schließlich von den Ferkelerzeugern erzeugt, diese belegen (durch künstliche Befruchtung oder Natursprung) die Zuchtsauen (Mutterlinie) mit Ebern anderer Rassen/Linien oder Kreuzungen entsprechend dem System des Hybridzuchtprogrammes. Nach 21 bis 27 Tagen werden die Hybridferkel entwöhnt (= abgesetzt). Mit circa 30 kg Lebendmasse, die Tiere heißen jetzt Läufer, werden sie an den Mäster verkauft. Der Mastbetrieb mästet die Tiere nun bis zu einem Gewicht von etwa 100 kg bis zur Schlachtung. Die Aufgabenteilung zwischen Basiszuchtbetrieb, Vermehrerbetrieb und Ferkelerzeuger kann auch variieren und wird absätziges oder arbeitsteiliges System genannt.
Die Weiterzucht von Kreuzungstieren wurde z. B. bei der Entstehung der meisten Tierrassen verwendet. Beispiel aus jüngster Zeit ist die Zucht des Deutschen Reitponys.
Kritik zur Hundezucht:
Tierschutzrelevante Folgen der Hundezucht wurden unter anderem im Film Pedigree Dogs Exposed kritisiert. Kritisiert wird unter anderem die Tatsache, dass durch Hundeausstellungen vermehrt auf Äußerlichkeiten statt auf Funktionalität selektiert werde, dass die Rassehundezucht zu einer erhöhten Inzuchtdepression führe und dass manche im Rassestandard geforderten Merkmale direkt mit Leiden beim Hund verbunden seien.