Update 11. Juni 2015 / OCD Osteochondrosis beim Hund
Osteochondrosis
Verständlich erklärt! Von Dr. med. vet. Franz Gutbrod
Um den Krankheitskomplex verstehen zu können, muss man den Ablauf des Knochenwachstums kennen. Knochen entstehen in der Regel aus Knorpel, der verkalkt. Quer durch den noch wachsenden Knochen verläuft eine Knorpelschicht, an der das Längenwachstum stattfindet. Sie ist für Blutgefäße unpassierbar. Längenwachstum läuft auch im Gelenk ab, indem sich der Gelenkknorpel in Knochen umwandelt.
An besonders belasteten Stellen im Gelenk können bei dieser Verkalkung Störungen auftreten. Dabei nimmt der Gelenkknorpel in seiner Dicke unregelmäßig zu, die darunter liegende Knorpel-Knochenmasse degeneriert und stirbt ab. Nimmt diese Entwicklungsstörung ein größeres Ausmaß an, reißt der Knorpel beim Springen oder schnellen Laufen ein. Gelenkflüssigkeit dringt dabei in die Tiefe und verhindert ein Wiederanheilen.
Stattdessen schwimmt die abgelöste Schuppe als sogenannte freie Maus im Gelenk. Anfangs lassen sich diese Knorpelverletzungen nur anhand indirekter Zeichen auf dem Röntgenbild erkennen; erst später werden sie durch eingelagerte Mineralien sichtbar. Je nach Lage des freien Körperchens klemmt es sich bei der Bewegung ein und verursacht zeitweise Schmerzen.
Als Ursachen für diese Wachstumsstörung werden im wesentlichen drei Gründe genannt: Überbelastung, Durchblutungsstörungen und erbliche Neigung.
Um diese Thesen zu überprüfen, haben wir 40 klinische Fälle, die in unserer Klinik operiert wurden, näher untersucht.
Vor allem großwüchsige Hunderassen sind mit dieser Erkrankung belastet. Auffällig ist, dass doppelt so viele Rüden wie Hündinnen betroffen sind.
Raschwüchsige und für ihr Alter schwere Tiere zeigen eine höhere Befallsrate.
Beim Schwein stellte man bereits in den Siebziger Jahren fest, dass besonders raschwüchsige Tiere an nahezu allen Gelenken erkranken. In der Schweinezucht wird meist großer Wert auf rasches Wachstum und intensiven Fleischansatz gelegt. Die Linien mit langsamem Wachstum erkranken aber seltener. Hausschweine sind bekanntlich durch die Boxenhaltung in ihrer Bewegung sehr eingeschränkt. Wenn sie trotzdem an Osteochondrose leiden, so ist wohl nicht die Bewegungsaktivität, sondern gerade die rasche Gewichtszunahme für die Schäden am wachsenden Gelenksknorpel verantwortlich.
Auch beim Hund ist die Frühreife und Schnellwüchsigkeit eine Ursache für gehäuftes Auftreten der Osteochondrose.
Achten Sie deshalb bei Ihrem Hund auf eine langsame Gewichtszunahme und versuchen Sie, diese mit einer entsprechenden Fütterung unter Kontrolle zu halten.
Eine Osteochondrose oder Osteochondrosis ist eine Störung der chondralen Ossifikation, also der Umwandlung von Knorpel zu Knochen als Teil des normalen Wachstumsprozesses. Sie kann daher grundsätzlich an zwei Lokalisationen auftreten: im Gelenk und in den Wachstumsfugen.
In beiden Fällen wird der Knorpel nicht genügend rasch zu Knochen umgebaut, so dass sich eine abnorm dicke Knorpelschicht bilden kann. Da Knorpel keine eigenen Blutgefäße besitzt, sondern durch Diffusion ernährt wird, werden die tiefer gelegenen Knorpelschichten immer schlechter ernährt und degenerieren. Dabei kann sich bei der gelenksansässigen Osteochondrose auch ein Knorpelstück lösen und frei im Gelenk schwimmen („Gelenkmaus“) – man spricht dann von einer Osteochondrosis (oder Osteochondritis) dissecans, kurz OCD.
Osteochondrosen treten auch in der Veterinärmedizin (insbesondere bei großen Hunderassen und bei Mastschweinen) auf. Sie folgen dort meist einem polygenen Erbgang mit Umweltinteraktion bei einer Heritabilität zwischen 0,25 und 0,45.
Spezialformen der Osteochondrose sind zum Beispiel:
· Osteochondrosis intervertebralis
· Morbus Perthes – aseptische Femurkopfnekrose
· Ellbogendysplasie bei Hunden
· Short Radius/Short Ulna Syndrom
· Osteochondrosis pubica